Marcus Wiebusch u.a. auf dem Holsten Brauereigelände, Hamburg

Der Mai ist ja fast schon traditionell der Monat für die ersten Open-Air-Konzerte und in diesem Jahr gab es das erste Mal "Umsonst & Draussen" im Rahmen des Brauereifestes der hiesig angesiedelten Biermarke mit dem Ritterlogo. 


Als Fazit über die gesamte Veranstaltung muss man festhalten, dass es insgesamt ne ganz nette Sache mit ordentlichem Line-Up sowie Besuch und Stimmung war. Das Wetter sollte entgegen der Prognosen auch halten, es war lediglich noch etwas frisch. Und etwas nervig waren auch die 45-Minuten-Pausen zwischen den einzelnen Acts, die durch eine dieser unsagbaren Radiomarionetten (Copyright: Enno Bunger) mit seiner dämlichen Schlüsselband-Raubtierfütterung die Leute verrückt machte. Wundert mich ja schon immer wieder wie wild die Leute nach sowas sein können.


Aber genug gemeckert, zumindest was das Drumherum angeht. Denn viele lobende Worte kann man auch zum ersten Act des Festes nicht wirklich finden bzw. legt man über die Kaiserbeats besser den Mantel des Schweigens. Die Idee den Tag mit Covern aus den 50s und 60s zu eröffnen fand ich im Vorfeld eigentlich gar nicht mal so schlecht, da grad in den 60s schon ein paar nette Songs in den Äther geworfen wurden, doch leider haben sich die Jungs bis auf ganz wenige Ausnahmen kaum an mir wirklich bekanntes getraut. Entsprechend leer und stimmungsarm blieb es nicht ganz zu Unrecht deshalb auch noch vor der Bühne, trotzdem ging die Zeit aber ganz gut rum.


Gut eine Stunde später musste man sich dann fragen, wo eigentlich diese LKW-Ladungen an Menschen plötzlich herkamen, denn der Platz war pünktlich zum Auftritt von Lokalmatador Lotto King Karl proppevoll (so voll, dass ich mich vom Gedanken in der folgenden Pause kurz in die Stadt fahren würde um Tonbandgerät hallo zu sagen und mir deren Album zu holen verabschieden musste). Zu Lotto's Auftritt selbst gibts derweil gar nicht so viel zu schreiben. Mit nahezu dem identischen Set wie vor gut einem Jahr beim Hafengeburtstag und der gleichfalls recht minimalistischen Besetzung gelang es erneut die Massen zu erreichen und nun auch erstmals ein angemessenes Stimmungslevel zu erklimmen. Die Songs mit ihrem Wortwitz haben das aber auch durchaus verdient und auch als Zuzugezogener und eher dem FC St.Pauli Zugewandter erzeugt die Hymne "Hamburg, meiner Perle" jedes Mal aufs neue eine Gänsehaut. Es ist einfach - neutral betrachtet - wohl eine der besten Vereinshymnen überhaupt.


Zu Der Fall Böse nahmen wir dann mal so langsam unsere Plätze direkt vor der Bühne ein, um für die nachfolgenden Acts schonmal in Position zu sein. Der dritte Act des Nachmittags bot eine durchaus gute rockige Show, allerdings ging es mir persönlich zumindest phasenweise ein wenig zu sehr in die Hardrock- und Rap-Ecke. Auch textlich war es entsprechend eher mau. Und so blieben vor allem die instrumentalen Momente - klasse Gitarren- und Mundharmonika-Soli und die coolen Bläser - am ehesten in Erinnerung.


Nachdem man die bisherigen Acts eher so beiläufig mitgenommen hatte (Ausnahme Lotto) sollte nach 5 Stunden dann endlich dem Grand Hotel van Cleef die Bühne überlassen werden. Das Young Rebel Set hatte ich mal vor gut 1,5 Jahren als Voract der Sportis gesehen und mich damals sogar fast mehr überzeugt als der Hauptact selbst, trotzdem waren die Erinnerung an die Briten über die Zeit ziemlich verblasst. Und so mussten die Jungs mich also aufs neue abholen, was Ihnen aber auch eindrucksvoll gelingen sollte. Ohne jetzt auf Einzelheiten eingehen zu können, war es einfach feinster englischer Rock auf ähnlichem starken Niveau wie die Alvarez Kings vor 2 Tagen. Dabei gab es keinen einzigen Song, der nicht hörenswert war und insbesondere die neueren Songs hatten eine enorme Qualität und luden zum Mitgrooven ein. Aber auch der Solopart an nur einer Gitarre hatte Style. Insgesamt also ein mehr als gelungenes Warmup vorm Headliner.


Nach der letzten Umbaupause hiess es dann also endlich Zeit für Marcus Wiebusch, dessen Solo-Phase sich ja bekannterweise leider schon wieder dem Ende entgegenneigt. Zu hier fällt es mir etwas schwer Worte zu finden, die ich nicht bereits bei meinen beiden vorherigen Wiebusch-Gigs in Sätze gegossen habe, also beginne ich mal mit der noch etwas überraschenden Erkenntnis, dass der dichte Sound der Band sich doch erstaunlich gut auch auf einer Open-Air-Bühne umsetzen lässt. Und so konnte man dann im Hauptteil des Sets zunächst erstmal den Konfetti-Songs lauschen und sie abfeiern. Songs wie "Haters Gonna Hate", welches ja sowieso zu meinen Lieblingen des Album zählen, knallten derweil (auch dank des "verrückten" Drum-Arrangement) so richtig. Anders als das FB-Team von Holsten empfand ich die Stimmung aber insgesamt eher schwach, was aber wohl insbesondere der Veranstaltung an sich und der offensichtlich nur geringen Anzahl an wirklichen But Alive-/Kettcar-/Wiebusch-Fans zuzuschreiben war, die aber wenigstens alles gegeben haben.

Apropos frühere Projekte von Marcus. So stark sein Solo-Album auch gerade in der Live-Umsetzung ist, halte ich zumindest für den Abend fest, dass besonders die alten Nummern - nicht zuletzt durch die Bläsertruppe - einfach richtig gut abgehen. Alleine für "Money Left To Burn" hatte sich das Ausharren über den ganzen Tag schon mehr als gelohnt. Bei den Nummern stieg der Stimmungspegel dann auch merklich an.

Aufgrund des insgesamt aber eben eher mauen Publikums war es nicht ganz so erinnerungswürdig wie der Tonbandgerät-Auftritt am Vortag, aber das ist auch das einzige Manko an einem ansonsten rundum gelungenen Finale von Tag 1 des Brauereifests und ich freu mich schon jetzt auf ein kommendes Wiebusch-Konzert mit "richtiger" Fanbase.