Johannes Oerding in der Sporthalle, Hamburg

Nach einem solchen Highlight ist das folgende Konzert dann immer besonders schwer zu beurteilen, insbesondere wenn es nur 24 Stunden später über die Bühne geht.

Denn für sich allein betrachtet war auch dieser Gig intensiv und klasse.


Im Vorfeld hatte ich mich noch verflucht dafür, mich vor dem Österreich-Trip um den Schlaf zu bringen für ein Konzert in der ungeliebten Sporthalle. Zudem kam hinzu, dass just als ich aufbrechen wollte ein Unwetter losging und ich dann doch auf eine vordere Reihe verzichtete. Stattdessen platzierte ich mich dann mittig vor den ersten Wellenbrecher bzw. dem Kamera-Laufkanal, denn erneut war ich auf einem Mitschnitt-Konzert gelandet.


Der Auftakt machte der mir hinlänglich bekannte Sebó. Bei seinen letzten akustischen Auftritten gefiel mir seine Musik nicht mehr so ganz. In Bandbesetzung und mit dem neuen Album hingegen wusste er nicht nur mir zu gefallen. Jedenfalls habe ich selten erlebt, dass ein Voract das Publikum schon dermaßen in Griff hat, trotzdem hätte ich mich über Celina Bostic, die den ersten Teil der Tour Support war, mehr efreut. Wie dem auch sei: Gerade die neuen Stücke haben einen guten, einnehmenden Beat, die durch die Cajon, die man ja auch nicht alle Tage hört, was spezielles haben. Und letztlich wurde man heiss gemacht auf Oerding und das ist der Hauptauftrag eines Voracts.


Während zwischen Einlass und Voract ungewöhnlich viel Zeit verging, wurde keine mehr in der Umbaupause vergeudet und es ging relativ zügig weiter. Die Band eröffnete dafür mit einem gelungenen Instrumental-Medley des aktuellen Albums den Gig.

Schon mit dem ersten Titel wurde dann klar, dass Johannes und Band sich stetig weiterentwickeln und von Auftritt zu Auftritt oder zumindest von Tour zu Tour eine stärkere Performance abliefern. "Wenn du lebst" - die sowieso schon richtig starke kommende Single - bewies zudem als erste, dass das aktuelle Werk eine absolute Live-Platte ist. Von den schwächeren Kandidanten auf Platte (wie z.B. Turbulenzen) ist im Live-Arragement jedenfalls nicht mehr zu sprechen, stellen teilweise sogar die Perlen des Abends dar.


Und so kam es, dass der gesamte Abend mit einer Spielzeit von 2 1/4 Std. eigentlich ohne echten Durchhänger blieb. Im Wesentlichen wurde dabei ein gelungener Mix der letzten beiden Alben präsentiert - quasi wie für mich gemacht, da ich die Erstlingswerke bis heute nicht wahrgenommen habe. Einen netten Nostalgieblock in Medleyform und 2-Gitarren-Besetzung gibt es allerdings auch nach etwa einem Drittel.


Ehrlicherweise war die Stimmung bis einschließlich dieses Blocks doch noch recht verhalten, auch der Ton war wie fast üblich in der Sporthalle nicht vom gelben Ei.  Allerdings sollte im Folgenden endlich ein wenig Schwung in die Bude kommen, was nicht zuletzt an dem nun von Bord gelassenen Hit-Reigen (u.a. Wo wr sind ist oben und Alles brennt) gelegen haben mag. In diese Zeit des Abends fiel auch der schöne Seitenhieb auf Frau Fischer, als bei einer Interaktion mit dem Publikum herauskam, dass auch bei einem Oerding-Konzert alle Generationen vertreten sind. Ein Faktum, das zurecht Stolz macht, da von der neuen neuen deutschen Welle kaum wer ein dermaßen diversifiziertes Publikum erreicht. Selbst der Anteil der freiwilligen erschienenden Männer war erstaunlich hoch.


Die kleine, feine Zugabe wurde auf der Mittelbühne begonnen, sodass ich für 1,5 Titel vielleicht doch noch auf der DVD auftauche. Die Zugabe war derweil ziemlich balladenlastig, aber insbesondere "Heimat" ist live einfach nur traumhaft.


Allein die Tatsache, dass ich für diesen Abend doch recht viele Worte gefunden hab, zeigt wohl schon, dass es mir doch ganz gut gefallen hat - den Vergleich mit der Waldbühne hätte wohl niemand unbeschadet überstanden, aber auf seine Art und Weise war der Gig ähnlich stark.

Ein Faktum noch zum Schluss: Ich finde es großartig, dass die Band live so viel Spielraum bekommt und jeder seine Solo-Zeit hat, in der er sich selbst beweisen darf. Besonderes Bass- und Drum-Solo bereicherten dabei den Abend.