Herbert Grönemeyer im Ruhrstadion, Bochum

Eventuell hatte ich zu überzogene Erwartungen an dieses Jubiläumskonzert im Stadion des VfL, jedenfalls ist bei mir nicht die grenzenlose Euphorie über den Verlauf des Abends ausgebrochen. Andererseits: Wer mir gesagt hätte, dass man auf dieser Tour nochmal nen 3-Stunden-Konzert würde erleben können, den hätte ich angesicht de Sturheit im 1.Teil der Tour für verrückt erklärt und so wurde es aufgrund u.a. dieser Tatsache und der doch ein oder anderen schönen Überraschung im Set dennoch zu einem besonderen Abend.


Bochum und das Wetter pflegen offenbar eine schwierige Beziehung. 2009 Regen ohne Ende, 2012 unerträgliche Hitze. Da war es dieses Jahr ja fast schon normal: Ziemlich frisch, dabei immer wieder kleinere Regengüsse vorm Einlass. Das Konzert selbst war im Wesentlichen bis auf 2 sehr kurze Schauer dann trocken, zwischenzeitlich zeigte sich sogar die Sonne. "Das Wetter klemmte" also ein wenig, aber man hat schon deutlich schlimmeres erlebt.


Balbina spielte zunächst recht routiniert ihr Programm runter, band aber direkt im ersten Song mal ganz unverblümt den Stadtnamen ein. Diesmal fand ich sie nicht ganz so stark wie bei den letzten Auftritten, vielleicht war man (und vielleicht auch sie selbst) einfach zu gespannt auf die heutige Show von Herbert, um sich voll auf das Vorprogramm einlassen zu können.


Die Stimmung in der Umbauphase war überraschend schlecht ... sowohl der über Facebook und altmodischere Medien angestrengte Versuch in dieser Zeit schon mal das Steigerlied anzustimmen scheitere ebenso wie La-Ola-Wellen und Co. Als Herbert dann aber von den ersten Leuten gesichtet wurde, stand dann quasi das ganze Stadion Kopf und sorgte bereits bei "Unter Tage" und "Wunderbare Leere" für eine sehr gute Atmosphäre.

Ich hingegen war schon ein bissel enttäuscht darüber, dass es sich beim Hauptset letztlich dann doch um ein fast reines Dauernd Jetzt-Konzert handelte. Schade auch, dass das Versprechen das komplette Album zu spielen nicht eingehalten werden würde (auch wenn man Fangfragen und Erwischt im Gegensatz zu "Jetzt oder Nie", welches im Soundcheck noch dabei war, nicht wirklich vermisst hat). Vielleicht waren die Zuschauer auch ein bisschen enttäuscht über den Standard-Beginn, denn jetzt wurde es erstmal etwas ruhiger. Vielleicht aber wurde sich auch nur ausgeruht bis zur ersten Darbietung von Bochum.


Die war dann auch gleich das erste echte Highlight an diesem Abend. Neben der  Live-Premiere der 5. Strophe (die mir persönlich zwar durchaus gefällt, aber man darüber hinaus dann live nicht mehr unbedingt braucht) und der logischerweise überschwänglichen Stimmung hatte man die tolle Idee für das Steigerlied einen entsprechenden Chor zu engagieren und es mal ausführlicher zu performen.

Die Stimmung sollte jetzt eigentlich bis zum Konzertende kaum mehr Ruhe finden (von den Balladen als kurze Ruhepausen abgesehen), so ging entsprechend auch beim Medley ganz gut die Post ab. Erstaunlich war allerdings, dass man zwar genau sehen konnte, dass auf der gegenüberliegenden Innenraum- und Tribünenseite gut Party war, es von der Lautstärke aber nur gedämpft bei einem ankam. Die ersten Internetvideos beweisen aber, dass echt die Lutzi abging ;)


Im bereits angesprochenen Balladenteil war dann ohne große Überraschung wieder "Flugzeuge im Bauch" der Knaller schlechthin. Kaum war dieser BLock verlassen, folgten dann endlich die ersten Neuheiten in der Setlist, der zwar leider "Fisch im Netz" zum Opfer fiel, aber alles geht halt nicht. Den Auftakt machte dabei "Für dich da". Witzige Anekdote dabei: Während Herbert noch das Publikum besabbelte, fing Alfred einfach schon mit seinem - diesmal im Vergleich zur "Blick zurück"-Tour verlängerten - Solo an. Zwar keine Premiere für mich, aber in der aktuellen Arrangierung auf jeden Fall ne geile Nummer. Die echte Premiere folgte dann auf den Fuss mit "Amerika". Ein Song, den man heute fast genauso wieder schreiben könnte und damit erst recht ins Set passt. Entsprechend hatte ich vor allem auf den Song gehofft, dieser Part war nun also schonmal erfüllt und wurde zudem auch instrumental sehr schön umgesetzt.


Einschließlich des ersten Zugabenblocks gab es jetzt keine wesentlichen Besonderheiten mehr. Einzig meine Tourpremiere von "Oh wie ist das schön" gab es zu verzeichnen und das in der wohl bislang coolsten Version ever mit eigens für die Bochum-Konzerte gedichteten Zeilen von Herbert. Das war echt cool.
Ein schönes Bild ergaben zudem die vielen Handylichter bei "Morgen", das gefühlt sowieso gut wie nie zuvor ankam auf der Tour (auch bei mir selbst, der das Liedchen live als einen Schwachpunkt des Sets ausmachte bislang).


Der besondere Block des Abends sollte dann der Zugabenblock 2 werden. Satte drei Versuche brauchte Herbert um endlich mit "Land Unter" starten zu dürfen. Als erstes wurde vehement die Currywurst eingefordert (ein Song, den ich ja so gar nicht brauche - diesmal war aber vor allem das improvisierte Ende ganz nett), danach meinte Herbert just in dem Moment, als sich Alfred und Co. schon wieder eingerichtet hatten, auch noch den "Kadett" und damit also meine zweite echte Premiere einzuschieben. Auch dieses gefiel mir live sehr gut. Nun folgten die an dieser Stelle üblichen Stücke: Echt klasse, dass an dieser Stelle nix geopfert wurde -- denn der Block aus Land Unter, Demo und Mambo ist schon ein ziemliches Pfund und es herrschte natürlich auch dort weiterhin eine begeisterte Stimmung.


Der letzte Block des Abends wurde dann mit dem unvermeidlichen zweiten Mal "Bochum" begonnen (bereits am Anfang des Abends hatte Herbert darauf hingewiesen, dass er den Fehler das Stück hier nur einmal zu singen wie 2007, nie mehr wiederholen würde). Diesmal leider ohne Steigerlied und auch wieder in der 4-strophigen Version. Eigentlich find ich es ja Quatsch, dass das Publikum ohne ein zweites Mal Bochum unzufrieden ist. Aber die letzte, musikalisch extrem reduzierte Strophe, die dem Publikum überlassen wurde, welches natürlich nun voller Inbrunst sang, machte diese Songwiederholung schon zu einem weiteren absoluten Highlight. Mehr Gänsehaut geht kaum.


Weitere Überraschungen gab es im letzten Zugabenblock dann nicht mehr. Lediglich beim Remix wurde die Konfettischlacht durch ein feines Feuerwerk ersetzt, dass vor allem in Stephan einen Bewunderer fand.

Als Betthupferl und 34. (!) Lied nach nun vergangenen drei Stunde (und somit also meinem längsten Herbert-Konzert überhaupt) gab es noch "Der Mond ist aufgegangen", diesmal auch viel schöner gesungen als beispielsweise in Bonn.


Wie bereits am Anfang erwähnt, bleibt eine kleine Restentäuschung darüber, dass von 4630 Bochum dann doch nur 70 % gespielt wurden (wobei wiederum 5/7 eh standardmäßig im Set sind) - quasi unlauterer Wettbewerb *g. Das aber ist nach dem Konzert Jammern auf allerhöchsten Niveau. Es war so oder so ein ganz großer Abend und steht mindestens auf Augenhöhe mit dem Waldbühnenkonzert vergangener Woche.