Doppeljahresfinale: Thees Uhlmann und Madsen (Kiezhelden-Dankeschön-Abend) im Knust, Hamburg am 11.12. und Tonbandgerät in der Großen Freiheit 36 am 12.12.2015

Das finale Konzertwochenende 2015 führte in die beiden von mir meistbesuchten Clubs übehaupt.

Den Startschuss machte dabei das Kiezhelden-Danke-Konzert im Knust, welches von seiner Aufmachung mit Moderator und St.Pauli-Spielern als Gästen ein wenig einer kleinen Gala glich (dem Anlass durchaus entsprechend).

 

Oliver Rohrbeck (besser bekannte als Stimme von Justus Jonas aus ???) führte dabei mehr oder minder souverän durch den Abend und schickte als erstes Swearing At Motorists (in St.Pauli lebende Amerikaner) auf die Bühne.

Diese begannen den musikalischen Part des Abends auch durchaus ordentlich mit einer gehörigen Portion Punkrock, über das volle (25-minütige) Set erreichte mich ihr Musikstil aber nicht ganz. Schön anzusehen war aber die offensichtliche Freude, mit der vor allem der Sänger auf der Bühne agierte - die kleine Bühne im Knust-Saal bot ihm jedoch nur wenig Platz für Bewegung ;). Zwei wirklich tolle Momente gab es aber bei diesem kurzem Auftritt: Zum einen das spontan eingestreute "Das Herz von St.Pauli", welches lauthals mitgesungen und zu dem Gänsehaut-Moment des Abends führte und zum anderen deren finaler eigener Song über den FC "St. Pauli tl I die", der u.a. von Philipp Heerwagen an den Drums präsentiert wurde.

 

Der Vorteil an Konzerten mit Moderation ist, dass die - wenngleich kurz gehaltenen Umbaupausen - relativ gut überbrückt wurden und so dauerte es dann auch nicht lang, bis Thees Uhlmann unter großem Jubel die Bühne betrat.

Berechtigterweise konnte man sich im Vorfeld die Frage stellen, ob der Neu-Bestsellerautor in diesem Rahmen des geschriebene oder das gesungene Wort in den Vordergrund stellen würde. Die Antwort darauf lautet: Er präsentierte beide Seiten von sich und eröffnete seinen Part mit einem sehr launigen Essay über St. Pauli im Allgemeinen und die Abstiegssorgen 2014/15 im Speziellen (aus dem Stadionmagazin der Braunweißen).

Zum Singen blieben auch Thees leider nur gute 25 Minuten Zeit und somit nur ein arg begrenztes (6 Stücke) Set, welches zu meiner Freude aber u.a. die Songs "17 Worte" und "Sommer in der Stadt" enthielt, von denen ich die Solo-Akustikversionen noch gar nicht kannte. Es fehlte beiden zwar der typische Livewumms der Bandversionen (z.B. das Drumoutro bei 17 Worte), die die Stücke für mich live zu Perlen machen; nichtsdestotrotz war es schön diese Arragements zu hören. 

Verdammt gut wurde die Stimmung dann logischerweise wieder bei den "Lachsen", bevor dieses Set dann schon mit dem ebenfalls logischen "Das hier ist Fussball" endete. Hier brannte das Knust (trotz einiger HSV-Fans im Saale) dann so richtig und wurde quasi schonmal ordentlich in aufgeheizt für den finalen Akt.

Die insgesamt gute Titelauswahl machte diesen momentan so seltenen musikalischen Auftritt noch besonderer.

 

Es folgte der Höhepunkt mit dem nächsten Hamburg-Auftritt von Madsen. Schon vor 1,5 Wochen beim 500.Konzert hatte ich ja bereits geschrieben, dass es mir zunehmend schwerer fällt etwas zu dieser Band und ihren Auftritten zu verfassen, was letztlich daran liegt, dass ihnen eine gewisse Routine oder Beständigkeit innewohnt, ohne aber dabei langweilig zu werden (also ähnlich wie bei Herbert). Diese Aussage gilt umso mehr für den heutigen Abend, wurde doch das Set für diese Veranstaltung auf etwa die Hälfte eingedampft. 

Dabei setzte man clevererweise nach dem Tourset-Start (Kompass-Intro, Sirenen - welches in einem so kleinen Club noch viel mehr knallt und dementsprechend die Stimmung direkt auf Anschlag brachte und Ich trink nur eben aus) für den Rest des Sets auf die richtigen Livekracher ala "Du schreibst Geschichte" (das gefühlt von mal zu mal noch lauter mitgegröhlt wird), Die Perfektion, Nachtbaden und Vielleicht und ließ die ruhigeren Stücke gekonnt außen vor.

Nicht nur gefühlt führte diese Setlist dazu, dass man selbst nach nur 40 Minuten Madsen stimmtechnisch und physisch ganz schön geschlaucht das Knust verließ und ähnlich fertig war wie beim vollwertigen Konzert von 11 Tagen. 

Das alleine sagt aber schon sehr gut aus, dass trotz der (Würze in der) Kürze wiedermal eine astreine Show von den Jungs und Lisa geboten wurde, die sich perfekt zum Wochenendstart eignete und somit einen klasse Abend zu einem großartigen machte, der leider viel zu schnell vorbei ging.

Man schmeißt - gerade wenn man noch geflasht ist vom Abend - sehr leicht, nahezu inflationär, mit Superlativen bezüglich der Klasse des Abends um sich. Davon nehme ich hier allerdings mal Abstand ... zu einem der Mega-Konzerte des Jahres hätte es mit mehr Musik von Thees und Madsen getaugt.

Nichtsdestotrotz war es aber definitiv ein würdiges persönliches Jahresfinale für das Knust - wo das neues Konzertjahr im Übrigen auch beginnen wird -  und so ganz widersprechen kann man auch Sebastian Madsens Meinung nicht (Zitat: "Wir sind derzeit quasi jeden Monat einmal in dieser Stadt, aber es wird von Mal zu Mal noch genialer"). So oder so war es eine große Freude die Jungs nochmal in einer kleineren Location erlebt zu haben.

 

 

Das 65. und damit finale Konzert (erneuter persönlicher Rekord, der so auch bis mindestens 2018 Bestand haben wird) führte mich auf den Kiez, genauer gesagt ein weiteres Mal in die Große Freiheit 36.

Erschrocken über so viel Betrieb 60 Minuten vorm Einlass entschied ich ich dafür hie erstmals den Rang aufzusuchen und damit dem stimmungsvollen Innenraum zu entfliehen, da ich auf Reihe 5 fortlaufend keine Lust hatte. Zudem spielte ich schon länger mit dem Gedanken mal ein Konzert und vor allem das Parkett von dort zu beobachten.

 

Der Abend begann direkt glänzend: Bereits die Wartemusik war klasse gewählt (u.a. Enno Bunger, Redensart) und bei der Vorband zeigten Tonbandgerät wie schon im Mai (damals war es Redensart) einen guten Geschmack.

Kenay bot dabei zwar relativ mainstreamhaften Poprock, aber die Mischung aus guten Beats, tollen Texten (Highlight diesbezüglich war ein Song gegen den Schönheitswahn) und einer hörenswerten Stimme passte super ins Vorprogramm. Im Set waren alle Songs ausnahmslos auf hohem gleichwertigen Niveau, ohne dabei beliebig zu erscheinen. Der quirlige Sänger Kenay selbst erinnerte mich ein wenig an den jungen Clueso (nicht der schlecheste Vergleich) und hatte das Publikum eigentlich von Minute 1 an voll im Griff. Der Clueso-Vergleich passt im Übrigen auch, weil beide ihre Wurzeln im Hiphop haben, dessen Einflüsse man ab und an auch hören konnte. Diese Parts (insbesondere der gelungene Freestyle) machten den Gig noch besser und sorgten für den verdienten Facebook-Like meinerseits. 

 

Was Tonbandgerät dann ber bei ihrem Heimspiel ablieferten toppte das um Längen und noch immer gilt, dass diese Band in der Lage ist von Tour zu Tour noch was draufzupacken, so z.B. leicht veränderte Live-Arragements altgedienter Songs.

Ein weiteres Qualitätsmerkmal ist, dass man (auch wenn man sich selbst nicht zur Kernzielgruppe zählt) vom ersten Song an einfach gute Laune bekommt, die einen dann durch den Abend begleitet. Mitverantwortlich dafür war allerdings auch die ohne jeden Zweifel perfekte Openerwahl mit einem meiner Lieblingssongs "Lass die Dioden leuchten" und "Fehler in mir", mit denen die Große Freiheit direkt in Beschlag genommen wurde.

Auch Gänsehautmomente kann diese Band, was mit dem ein wenig zur Flüchtlingshymne mutierten "Ich komm jetzt heim" eindrucksvoll bewiesen wurde. Im restlichen Hauptset aber war zu weiten Teilen einfach nur Spass und Party angesagt.

Das galt insbesondere nach Gänsehautmoment Nr. 2 (Hirngespinster ist jedes Mal wieder ein Traum und eine echte Perle, besonders das lautstarke Publikum), denn nun folgte zum Ausklang vom Hauptset der Beweis, dass man auch auf dem Rang ordentlich ins Schwitzen kommen kann (überhaupt war die Stimmung hier oben weitaus besser als befürchtet).

Zunächst wurde das Live-Video zu "Deine Tasche riecht nach Schwimmbad" produziert, für welches mit diversen Wasserspielzeugen eine entsprechende Atmosphäre geschaffen wurde, bevor dann bei "Irgendwie anders" und "Alles geht" die Hütte so richtig bebte. Bis zur Rückkehr zur Zugabe wurde der "Alles geht"-Chorus unaufhörlich durch das Publikum weitergesungen .... ein genialer Moment dafür und der allerletzte Beweis dafür, dass sich stimmungstechnisch die Band hinter kaum jemanden verstecken braucht.

 

In  der Zugabe überzeugte dann der Only-Live-Track "Superman", der auf dem Rang gespielt wurde und die Perle des aktuellen Albums "Ozean", zu dem neben dem obligatorischen Akkordeonspiel von Adam dann auch Kenay nochmal dazustieß..

Finaler Song an diesem Abend (und irgendwie auch sehr passend für das letzte Konzert eines Jahrres) war "Wenn das Feuerwerk landet" (ein Silvester-Song). 

 

Das Konzertjahr endete also - um in der Bildsprache zu bleiben - mit einem echten Knaller.

Bleibt nur ein klein wenig Wehmut darüber, dass ich beim Benefiz- und Jahresabschlußkonzert an Abend drauf - für welches einige Überraschungen angekündigt wurden - nicht dabei sein konnte (stattdessen gings zum Fußball).

Das trübt den Eindruck des Abends nur marginal, es bleibt stattdessen die Freude über ein großartiges Konzertjahr 2015 und die Vorfreude auf 2016.