Knust Winter Acoustics im Knust, Hamburg

Nach 31 Tagen Entzug begann das Konzertjahr wie schon 2015 wieder im Knust zur 2. Auflage der Winter Acoustics.

 

Und anders als der Veranstaltungstitel vermuten lässt, ging es direkt mit einer ordentlichen Portion Rock los.

Man Behind Tree begeisterten vor allem mit über das gesamte Set starken und abwechslungsreichen Gitarrenriffs und Drumbeats, mit denen der Sänger und auch die Texte für meine Begriffe nicht ganz mithalten konnte. Trotzdem waren es eingängige Songs und ein feiner Start in den Abend.

 

Der zweite Act des Abends - Wolfgang Müller - erfüllte dann die Erwartungen der Veranstaltungen übermäßig. Alleine, nur mit Gitarre, Setlist auf Serviette gekritzelt und sitzend (!) bot er bei seinem vorerst letzten Auftritt vor einer längeren kreativen Pause entsprechend ruhigere Songs an. Mir persönlich ging es dabei zu oft um Liebe und zu wenig um den kritischen Blick auf die Welt, was man von Sänger seiner Spezies erwarten würde. So gefiel mir das ganze auch nicht ganz so gut. Immerhin hatte er aber ne interessante Stimme und in einem Song klang auch der oft leicht verschrobene Humor von Liedermacher alter Couleur durch.

 

Mit Henning Karl folgte dann einer von zwei mir bereits bekannten Acts im heutigen Line-Up. Selbiger war mir bei der Sommerversion ja bereits positiv in Erinnerung geblieben und wie erhofft funktionierte deren Musik indoor noch ein Stückl besser. Schon alleine der Kontrabass auf der Bühne hebt die Jungs aus dem gefühlten Einheitsbrei der immer wieder neu hochkommenden Bands hervor und Hennings Stimme hat einfach was. Insgesamt erhofft man sich aber noch ein bisschen mehr Groove/Tanzbarkeit. Aber dennoch waren die vier mit dem mehr als soliden Deutsch-Rockpop mein Highlight des Abends (auch vom Publikum im Allgemeinen kam nun deutlich mehr Resonanz als vorher). Im Übrigen hatte ich diesmal nochmal verstärkt auf die Texte geachtet und kann dabei den positiven Eindruck vom August nur bestätigen. "Die Stimme meines Vaters" bleibt diesbezüglich Anspieltipp Nummer 1.

 

Etwas überraschend kam der wohl bekannteste Act des Abends (Major Label, Teilnehmer am ESC-Vorentscheid) bereits als vorletztes auf die Bühne. Und die zwei Schwestern von Joco boten wohl auch den vielschichtigsten Auftritt. So gab es direkt zum Setbeginn eine sehr gelungene Ballade, die sich stilistisch irgendwo zwischen Björk, Enya und Boy einordnete. Auf der anderen Seite wurde es aber auch relativ rockig - so z.B beim ESC-Titel "Full Moon", der definitiv Potenzial hat und mir mit am besten gefiel. Zwischendurch wurde dann auch mal kurz die Sprache für das textlich tolle "Winter" gewechselt, aber auch ein ohrenkrebserregendes Stück dargeboten. Mit dieser Ausnahme aber ein hörenswertes Duo, welches würdiger Vertreter Deutschlands wäre. Fragt sich nur, ob es für die Karriere nicht besser ist, den deutschen Vorentscheid nicht zu gewinnen ;)

 

Der finale Startplatz gehörte an diesem Abend somit Game Ove und die Spielfiguren, also jene Band, die ich bislang am häufigsten live gesehen hatte und deren Bandmitglieder auch schon mit ihren eigenen Projekten (Torpus and the Art Directors sowie Helgen) überzeugen konnten. Game Ove hingegen gefiel mir bei seinem letzten gesehenen Liveauftritt nicht mehr ganz so gut. Heute Abend jedoch kehrte man die Indierock-Popband jedoch wieder in bessere Sphären zurück, was nicht zuletzt an den beiden neuen Stücken "Köhlbrandbrücke" und "Wo du schläfst" lag, welche beide irrsinnig Bock machen auf das neue Album. Wie bei Henning Karl ist hier auch nochmal die hohe Instrumentenvielfalt zu nennen, die größtenteils durch Sören Torpus beigesteuert wird und sogar vereinzelte Instrumente hervorbringt, deren Name mir unklar ist

  

Alles in allem also ein klasse Abend und toller Auftakt in das musikalische 2016, in dem - das steht schon heute fest - das Knust erneut der meistbesuchte Club werden wird. Selten waren 3,5 Stunden so kurzweilig und abwechslungsreich wie heute.