Dreierpack: We Invented Paris in der Prinzenbar (18.03.), TINA - The Rock Legend im CCH (19.03.) und Bosse in der Großen Freiheit 36 (20.03.), jeweils Hamburg

Nach einigen Wochen Konzertentzug (stattdessen Städtetrips - zugegeben in Oslo mit Mini-Konzert ohne Blogeintrag - und Außendienst) gab es zum Frühlingsstart direkt nen Dreierpack Musik auf die Ohren.

 

Den Auftakt machte We Invented Paris bzw. dessen Support Antje Schomakers. Ihr Set war quasi zweigeteilt: Die erste Hälfte mit doch sehr ruhigen, liedermacherartigen Songs passte nicht wirklich zum Hauptact. Aber obwohl sich hier ziemlich viel um das Thema Liebe drehte, waren die Texte durchaus gelungen und abwechslungsreich (besonderes die, die das Single-Dasein feierten). In der zweiten Hälfte wurde es etwas schwungvoller bzw. poppiger ohne die textliche Qualität zu verlieren und entschädigte für den lahmeren Beginn.

 

We Invented Paris waren vor knapp eineinhalb Jahren meine Entdeckung des Seebühnenfestivals in Mannheim. Entsprechend gespannt war ich auf ein volles Konzert und die neuen, noch unveröffentlichen Stücke.

 

Und von der ersten Minute an hatten mich die Schweizer erneut fest im Griff. Die Drum- und Gitarrenbeats können einen Musikliebhaber einfach nicht kalt lassen (zwar nicht so rockig wie beispielsweise Madsen, aber eben locker-lässig und schwungvoll) und so wurde vor die allem die erste Hälfte des Sets zu einer einzigen Party mit frühen Highlights wie "Montblanc" oder "Polarbears". Aber auch die neuen Stücke, beispielsweise "Spiderman", überzeugten auf Anhieb, nicht zuletzt dank neuer - leicht an Coldplay angelehnte - Klangfarben. 

 

So stark es begann, so klar nahm es etwa zur Halbzeit aber auch ab. Der an sich netten Idee, einen Song unverstärkt mitten im Publikum zu performen, folgten mehrere laschere, zumindest nicht mehr bedingungslos tanzbare Songs. Hier fehlte insbesondere durch deren Anhäufung einfach der letzte Kick (die Setlist kann man also durchaus in Frage stellen). Andererseits wurde in dieser Hälfte des Sets aber eine andere Qualität sichtbar, nämlich sehr gelungene Instrumentaleinlagen wie etwa bei "Dance on Water". Es blieb also durchaus weiterhin gut, der radikale Bruch im Stil der beiden Sethälften aber irgendwie zu extrem.

 

Mit dem finalen Song des Hauptsets (Iceberg) und in der Zugabe erfolgte dann aber glücklicherweise die Rückbesinnung auf Dancebeats und damit ein mehr als versöhnlicher Ausklang dieses ersten der drei Konzertabenden. Es bleiben die Erkenntnisse, dass die Jungs einfach gute Laune verbreiten und die Prinzenbar der wohl schmuckste Club der Stadt ist.

 

Am zweiten Abend gab es kein Konzert im eigentlichen Sinne, sondern eine Art Musical zu Ehren Tina Turners. Ganz ungewohnt diesmal aus der letzten Reihe - dank der Anordnung im CCH Saal 2 aber immer noch gute Sicht und Akustik.

Leider wurden dort meine Erwartungen dennoch nicht ganz erfüllt und ich fasse mich hier jetzt entsprechend kurz.

Vor allem die erste Hälfte der Show war aufgrund von recht lausigen Moderatoren und Schauspielern, die Tinas Lebenslauf auf die Bühne brachten, eher mittelmäßig. Unterbrochen wurde es immer wieder mit Songeinlagen, aber größtenteils mit zumindest mir unbekannten Frühwerk. Ausnahmen bildeten "Proud Mary" und "I Can't Stand The Rain", die wenigstens eindrucksvoll belegten, warum Sängerin Tess als weltbestes Tina-Double gilt. Auch die Saxophonparts bereiteten Freude.

 

Auch nach der Pause blieb das angekündigte Hitfeuerwerk leider aus. Zum Glück aber gab es jetzt wenigstens Musik pur auf die Ohren. Aber es blieb dabei, dass das Set insgesamt durch unbekanntere Nummern bestimmt wurde und mancher Hit ("Private Dancer" oder "What's Love Got To Do") leider komplett fehlte. Mit "Goldeneye" wurde zudem einer meiner Lieblingssongs etwas verhunzt. Nichtsdestotrotz war die zweite Hälfte aber durchweg hörenswert und kurzweilig, was nicht zuletzt daran lag, dass man auch die tollen Duette mit Bryan Adams und Eros Ramazzotti in der Setlist hatte, zumal der männliche Sänger ähnlich beeindruckend war wie Tess.

 

Wie schon erwähnt, hatte ich gerade nach positiven Presseberichten vielleicht etwas zu hohe Erwartungen. Die Stimme von Tess war aber schon beeindruckend. Trotzdem hoffe ich mal auf irgendeinem Stadtfest oder ähnliches eine andere Tribute-Show mit mehr Hits zu sehen. Abschließend sei mir noch die Bemerkung gestattet, dass ich es irgendwie cool fand auf die Art und Weise die Voice-of-Germany-Halbfinalistin Jasmin Graf im Background wiederzuhören.

 

Keine 17 Stunden später folgte der finale Gig des Wochenendes, diesmal wieder in Rehe 1 und mal wieder in der Großen Freiheit. Wer jetzt rechnet wundert sich über die Uhrzeit, Bosse aber startete sein Zusatzkonzert und Tourabschlusskonzert namens "Sonntagssause" zur ungewohnten Bundesliga-Zeit um fuffzehndreizig. Von Festivals mal abgesehen also ein absolutes Alleinstellungsmerkmal in meiner langen Konzerthistorie und irgendwie hatte diese frühe Beginn auch was für sich Die Show war darüber hinaus eine reine Spendenshow für Flüchtlingsorganisationen, also auch ein schönes Zeichen

 

Support gabs diesmal leider nicht (Enno Bunger wie gestern wäre das Tüpfelchen auf dem I gewesen), also ging es pünktlich direkt mit dem noch etwas erkrankten Aki und seiner Meute los.

Vorweg sollte man vielleicht noch schicken, dass mich sein aktuelles Album noch nicht vollends überzeugt hat und nur wenige Nummern wirklich meinen Geschmack treffen.

Los ging es indes mit einer der Nummern, die mir gefallen (Außerhalb der Zeit) und der live noch ne ordentliche Schippe drauf legt, was vor allem am Bläser liegt. Schon Titel 1 der Setlist zeigte ausserdem, dass Aki seine Erkrankung scheissegal ist und er abliefert wie man es von ihm kennt.

Sprich: Man merkte ihm und seiner Band die Spielfreude total an und für Aki selbst war es schon ab Minute 1 wieder eine sehr schweißtreibende Anglegenheit.

 

Ich möchte hier jetzt gar nicht die Setlist runterbeten, sondern lediglich erwähnen, dass man sich kaum eine bessere hätte wünschen können, wenn man  16 Stücke (das Konzert dauerte dennoch 2 Stunden) fair auf alte Nummern und das neue Album verteilen will. Dass ich manches alte dennoch etwas vermisst habe ist zwar auf der anderen Seite auch wieder wahr, aber faktisch war es ein gut gutdachter, ausgewogener Mix, welcher auch die wenigen Lieblinge vom Neuling enthielt.

 

Highlights gab es dennoch natürlich einige und die sollen dann doch erwähnt werden. Zunächst ist mal zu sagen, dass die gespielten Stücke von Engtanz ähnlich wie der Opener allesamt doch einiges an Qualität hinzugewinnen. Sei es durch leicht veränderte Arragements, die Ansagen, die einem den Sinn des Liedes erst richtig nahebringen und so den Text geniessen lässt (Ahoi Ade) oder einfach durchs Livespiel. Einzig "Steine", also ausgerechnet die Erstsingle, erschließt sich mir weiterhin nicht und war für mich der Schwachpunkt des Abends.

Aber zurück zu den Highlights: Als erstes habe ich mich irrsinnig darüber gefreut, dass "Vier Leben", den zu meinen Lieblingssongs überhaupt zählt, im Set ist. Live ist der Song einfach Gänsehaut pur und textlich ganz weit vorne. Der "alte Strand" bleibt live ein einziger Kracher und "Istanbul" war nicht noch wegen der Terrorereignisse fast schon ein Muss. Ein Highlight nach dem anderen folgte zum Ende des Hauptsets, eingeläutet durch meinen Lieblingstrack vom neuen Album "Immer so lieben" folgte als nächstes "Schönste Zeit". Spätestens hier wurde mir dann schlagartig bewusst, wie viel geiler Clubkonzerte in aller Regel sind und dass ich Bosse mit wenigen Ausnahmen bislang fast nur Open-Air sehen konnte. Wie das Publikum hier aber abging und mitsang war allererste Sahne. 

Es folgte ein weiterer genialer Engtanz-Song, die Rapnummer "Krumme Symphonie" .... musikalisch sicher für den ein oder anderen ungewohnt, ist die Nummer in meinen Ohren einfach Hochgenuss. 

Finalisiert wurde das Hauptset durch "Frankfurt (Oder)". Die Nummer ist irgendwo das Kuriosum von Bosse. Eigentlich eine traurig-schöne Ballade, entwickelt sich das Ding live zu einer bockstarken Rockpop-Nummer und war würdiger Ausklang. 

Auch die Zugabe hatte mit einer XXXXL-Version von "Du federst" mit diversen hochklassigen Instrumentalsoli noch ein musikalisches Feuerwerk zu bieten, bevor mit den Kranichen mein wohl bestes Bosse-Konzert endete.

 

Es bleibt die Erkenntnis, dass man von einem für die eigenen Ohren noch nicht angenommenen Album nicht zwingend auf den Spassfaktor des Konzert schließen kann - das Gegenteil schien heute der Fall zu sein und so freue ich mich auf eine weitere Runde Engtanz im Dezember in der ungeliebten Sporthalle. Doch vermutlich kann die Musik dann dort über die miese Location triumphieren. Das Album selbst wird bis dahin jedenfalls teils mit anderen Gedanken gehört und vielleicht ja verspätet richtig liebgewonnen.

 

Oder in ein paar Stichworte gepackt:

Tourabschluss, Große Freiheit, Hamburg, Bosse in nem recht kleinen Club - viel mehr geht nicht. Zunächst das Konzert des Jahres und damit ein wirklich grandioser Abschluss dieses nicht ganz perfekten Wochenendes.