AnnenMayKantereit in der Großen Freiheit 36, Hamburg

Wenige Tage später war mal wieder die Große Freiheit 36 mein Ziel, wo die Vorband - Lola Marsh - ein totaler Reinfall zu werden schien. Zumindest stellte sich zunächst die Frage, wieso man mit 3 Gitarren, Bass und Drums derartig melancholisches präsentiert.

Doch schon ab der Hälfte des ersten Songs zeigte die Band dann sehr coolen, zuweilen gut rockigen Pop mit leichten Björk- & Country-Anleihen. Besonders die Melodien, bei denen die Klangfarbe der E-Gitarre und die Drums hervorstachen, waren stark.

Aufgrund der englischen Texten fällt ein Qualitätsurteil diesbezüglich aus, die Stimmfarbe der Sängerin und deren Volumen sagten aber ebenfalls zu.

 

Also ein gelungener Einstieg in den Abend, bei dem ich nach zwei krankheitsbedingten Absagen (Hannover und Kassel) im dritten Anlauf (der wiederum fast durch eigene Krankheit verhindert worden wäre) endlich die Durchstarter 2015/2016 erstmals als Headliner live erleben sollte. Nach bärenstarken Voract-Auftritt bei Clueso, aber dem leider etwas totproduzierten Album war im Vorfeld jedoch nicht 100pro klar, ob der Abend schön werden würde.

 

Paradoxerweise waren es dann auch die beiden Titel zum Start ("Jeden Morgen" und "Nicht Nichts"), die es nicht auf das Major-Debüt schafften, die diese Bedenken direkt zerstreuen sollten. Von den ersten Tönen an begeisterte Hennings Stimme viel mehr als man es auf Vinyl oder CD pressen könnte. Und auch von der Band ging direkt eine enorme Wucht aus.

Ein erstes frühes Highlight stellte "Wohin du gehst" da, welches live mit Mundharmonika richtig gut abgeht und in einen beeindruckenden Contest Henning vs. Publikum gipfelte.

 

Zugegebenermaßen war der Mittelteil des Sets, bei dem sich die für meine Begriffe textlich schwächeren Titel versammelten, dann niht mehr ganz so stark. Doch auch diese Titel sind live deutlich stärker als auf Platte. In diese Schwächephase fiel allerdings auch ein wundervoller Song über die Smartphone-Sucht und das nervige Gefilme bei Konzerte mit dem schönem Titel bzw. der schönen Zeile "Überall bist du" (nur nicht hier). Für den schwächeren Part wurde man also ganz gut entschädigt.

 

Selbiges gilt nämlich insbesondere für die das Schlussdrittel einläutende, übelst geniale Cover-Version von "Sunny". Die komplette Umarrangierung mit Safri-Duo-liken Drumsolo hob diesen uralten Song, den der Großteil des Publikums im Orignial vermutlich gar nicht mehr kennt, auf ein völlig neues Niveau und Hennings Stimme passte wie die Faust aufs Auge dazu.

 

Zum Abschluss erfolgten mit "Pocahontas" - welches live ebenfalls richtig knallt - und der tollen Ballade "Oft gefragt" weitere Highlights. Hier wurde bereits deutlich, dass Balladen Hennings charakteristischer Stimme noch mehr in den Vordergrund stellen. Dieses wurde mit Beginn der Zugabe und "Barfuß am Klavier" besonders deutlich, da hier nur Klavier und Stimme zum Einsatz kamen. Diese Kombo war Gänsehaut pur.

Nach dieser ruhigen Einlage durfte ganz zum Schluss zu "21, 22, 23" als würdiger Rausschmeisser nochmal ein bisschen gedanct werden.

 

Trotz der kleinen Schwächephase und der Kürze des Gigs (etwa 80-85 Min.) ein Konzert voller Hochgenuss, AMK sind einfach ne klasse Liveband. Von diesem Abend werd ich noch lange zehren können und hoffe derweil auf einen Livemitschnitt, denn zum immer wieder Anhören eignet sich das Album insbesondere im Vergleich zur Bühnenperformance halt wirklich nicht.