Herbert Grönemeyer im Gerry-Weber-Stadion, Halle/Westfalen

Unverhofft kommt oft und so durfte ich bereits an diesem Sonntag wieder Herbert lauschen (die neuen Bekanntschaften von Timmendorf machten es möglich).

 

Der Auftakt machte aber zunächst BRKN, welcher sich jedoch deutlich besser schlug als erwartet. So präsentierte er teils sehr coole, gute Texte (z.B. direkt beim Opener "Ein Zimmer") und überzeugte zudem am Saxophon, einem Instrument, was man bei einem rappenden Deutschtürken wohl weniger erwarten dürfte.

Auch wenn bei weitem nicht alle bereits Anwesenden angetan waren, mir persönlich hat es Laune gemacht.

 

Mit Herberts Erscheinen waren dann aber alle Ostwestfalen und Angereisten auf extrem hohem Stimmungslevel und das schon von der ersten Sekunde an. Auch in diesem etwas größerem Rahmen als in Timmendorf zeigte sich, dass die Stücke von Tumult insgesamt auf größere Gegenliebe stoßen als die der letzten Alben. Auch wenn ich selbst "Sekundenglück" immer noch nicht für den perfekten Opener halte, war die Halle in Halle jedenfalls wie bereits beschrieben sofort auf Betriebstemperatur und so klappte dann auch der frühe Mitsingpart bei "Und immer" schon erstaunlich gut.

Wenig später sollte dann nach dem Abfeuern von "Bochum" (mit leider wenig überzeugendem Saxophon-Part von Frank, dem man nur alles Gute wünschen kann), "Männer" (mit auf der Tour erstmaligen und sehr ausschweifenden Kontaktaufnahme mit dem Publikum), "Was soll das" und "Vollmond" (wieder mit starkem Zobeley-Solo) dann zum ersten Mal ein Siedepunkt erreicht sein, die ganze Halle stand und Herbert wirkte dann auch etwas verwundert, dass er die "drögen Ostwestfalen" so schnell in Wallung bekommen hatte.

 

Typisch Herbert ist allerdings auch nach solchen Momenten komplett ins Gegenteil zu verfallen und Balladen auszupacken. "Mein Lebensstrahlen" sollte allerdings zu einem meiner persönlichen Highlights des Abends werden, da ich (nicht nur dort) quasi direkt angesungen wurde. Überhaupt hatte meine Begleitung uns den nahezu besten Platz links am Steg ergattert.

Nach dem Balladenteil ging die Stimmungskurve erstaunlich schnell wieder hoch, selbst bei dem doch stark diskutierten "Doppelherz" standen Teile der Tribüne, "Fisch im Netz" danach war jedoch erkennbar nur was für Hardcore-Fans wie mich ... ich habe mich jedoch sehr drüber gefreut, dass es wieder zum Set zählt.

 

An dieser Stelle ein Wort zum Bühnenbild: So stylisch die Bühnenelemente bei der vorherigen Tour waren, insgesamt wirkte das Bühnenbild nun mit den "normalen" Leinwänden und den Wohnzimmer-Leuchten ähnlichen Scheinwerfer deutlich stimmiger und auch die Projektionen wussten wieder zu gefallen - einzig der als eine solche eingeblendete Kneipenchor bei "Fall der Fälle" wirkt etwas fehl am Platze, da man den Chor kaum hören konnte. Und noch ein Wort zu Herberts politischen Äußerungen - die Kritik gegen Rechts wieder gewohnt in sehr gute Worte verpackt, die den verdienten Applaus bekamen.

 

Allmählich näherte man sich nun auch bereits dem Ende des Hauptsets, eingeläutet von "Mensch" (mit zumindest gefühlt deutlich längeren Freestyle-Part) und Stimmungstreibern ala "Alkohol", sodass die Menge natürlich wieder tobte. Bös formuliert wurde jetzt Business as usual fabriziert, um die Leute wieder richtig abzuholen, allerdings war deutlich zu spüren, dass sich Publikum und Band gegenseitig aufheizten. Die Spielfreude auf der einen und die Euphorie auf der anderen Seite wirkten quasi exponentiell.

Mit dem an dieser Stelle meines Erachtens sehr passenden "Morgen" ging es in die erste kleine Pause.

Überhaupt sind die minimalen Setlist-Umstellungen im Vergleich zu Timmendorf stimmig und gut überlegt, das Set wirkte deutlich runder.

 

Zu den Zugaben will ich eigentlich gar nicht mehr allzuviel schreiben ... auch diese waren ein sehr gelungener Mix aus Tumult-Stücken und alten (Musik nur,....) und vergleichsweise neuen (Demo)  Klassikern.

Dass die Stimmung weiterhin auf einem äußerst hohen Level verblieb, ist eigentlich auch keine Erwähnung mehr wert, bei "Land unter" wurde diese jedoch wieder zum Gänsehautfaktor und egal, ob man das Ding noch live hören will: Bei "Zeit, dass sich was dreht" war dann richtig Halli-Galli.

Enden sollte der Abend dann vergleichsweise ruhig mit gleich zwei Live-Tour-Premieren ("Feuerlicht" und als finaler Rausschmeisser und Bonus für das geniale Publikum "Der Mond ist aufgegangen") und dem wunderbar zartfühlenden "Immerfort", welches sich immer mehr zu meinem heimlichen Album-Liebling mausert.

 

Nach diesem Abend bleiben die Feststellungen, dass spontane Konzerte nicht selten die besten sind und dass Herbert & Band offenbar wie guter Wein immer noch besser werden. Jedes Mal  nach einer Tour glaubte man, dass diese nicht mehr getoppt werden kann und jedes Mal wird man eines besseren belehrt.

So schwelgt man in Erinnerungen an einen sensationiellen Abend und ist in Vorfreude auf Hamburg.