Nah am Wasser-Festival am Coconut Beach, Münster

Weltstars gucken also erstmal vorbei, dafür erstes Konzert bzw. Festival als Münsteraner in Münster.

Und das begann gleich überraschend: Grillmaster Flash kannte ich bislang nur als zu albernen Moderator einer Veranstaltung im Knust. Zusammen mit seinen "Jungs" (die Band nennt sich wirklich so) lieferte er aber ein mehr als ordentliches Eröffnungsset mit druckvollem, guten Sound und einer schönen Portion Punk ab. Texte dabei wie für Punk gewohnt durchaus mal gesellschaftskritisch oder spaßig.
Ein gelungener Auftakt in den langen Tag im Sand, der von den bereits anwesenden Gästen honoriert wurde.

Act 2 war Foxing aus den Vereinigten Staaten und somit also der internationale Beitrag dieses Festivals. Und auch diese Combo lieferte durchaus ab, setzte sie doch auch voll auf die Karte Rock, teils ins psychedelische abdriftend, was  dem ganzen aber eigene Note gab. Entsprechend ebenso druckvoll mit eingängigen Melodien machte auch dieses Set definitiv gute Laune.

Zurück in deutsche Gefilde ging es sodann mit Vizediktator. So langsam fällt es dann aber schon schwer, was zu texten. Auch die Berliner boten einen Mix aus Punk- und Poprock und wussten dabei insbesondere anfangs mit klugen Texten (zu Flüchtlingen und Wohnungsnot) zu überzeugen, insgesamt fand ich ihre Musik dann aber doch etwas eintönig. Hörbar aber war auch das.

Kurzfristig einspringen musste Act Nr.4, Matze Rossi und damit einhergehend ein ziemlicher Stilbruch, gab es doch jetzt nur einen Mann mit akustischer Gitarre zu hören. Wie erhofft kann Matze gut Geschichten in Songtexte verarbeiten und auch musikalisch war das, dafür dass es eben "nur" eine Gitarre war, sehr ordentlich. Dazu gab es hier die wohl beste Zeile des Tages "Du lässt Gedanken kreisen und das ist die Pest, weil Kreise kein Ende finden".
Damit war also schon die Hälfte des Lineups gut bis sehr gut, eine gute Ausbeute für ein Festival.

Einen weiteren Stilwechsel gab es dann mit Neonschwarz, dann nun gab es linken HipHop. Ich persönlich brauche das ja nicht und halte mich hier sehr kurz. Stimmung machen können die jedenfalls und der obligatorische Anti-Nazi-Song war definitiv gut.

Letzter unbekannterer Act war Granada und damit auch der letzte internationale Act bei diesem Festival. Diese Jungs kamen nämlich aus dem schönen Österreich und sollten die Entdeckung des Abends werden. Denn diese Typen steht den jungen Kollegen von Wanda und Bilderbuch in nichts nach und lieferten eine beeindruckende Show. Vom ersten Takt fesselten eine die sehr geilen Melodien, die u.a. durch eine im Reggae-Style angehauchte E-Gitarre (die den Songs eine tolle Sommeratmosphäre gab) und Akkordeon sich vom Einheitsbrei unterschieden. Wenn alle Mann auf der Bühne Gas gaben, kamen Assoziationen zu Russkaja in den Sinn, das waren auch die geilsten Passagen. Dazu macht der in diesem Fall Grazer Schmäh einfach was her.
Textlich war es aber nicht immer zu verstehen, weil nicht optimal zwischen Instrumentensound und Vocals abgemischt wurde. Da heißt es also Nacharbeiten, was ich bei einer so großartigen Liveband aber gerne mache, die bleiben sicher auf dem Schirm.

Vorletzter Act kam mit den Leoniden von der Kieler Förde. Das erwähne ich deswegen hier nochmal besonders, da ich - hätte ich Musik von denen erstmals im Radio gehört hätte - von einer internationalen Band ausgegangen wäre. Was Granada noch stehen liessen, rissen dann halt die Leoniden ab: Richtig hochklassiges Niveau mit tanzbarer Rockmusik in einem doch ganz eigenen, schwer beschreibbarem Style. Deswegen fällt es mir, obwohl es mir so sehr gefallen hat, schwer Worte zu
finden und bringe es mal so auf den Punkt: Wer sich dabei nicht bewegt hat (und diese Leute gab es leider) hat Musik nie geliebt. In Erinnerung bleibt der konsequente und richtig geniale Einsatz aller Percussions, die enorme Spielfreude und der "hyperaktive" Gitarrist.

 

Dann Kettcar und das ging so:

Von der Stimmung konnte man sicher nicht ganz mit den Vorgängern mithalten und so meinte auch Wiebusch schon zu Beginn, dass man nach den Leoniden ja einen schweren Stand hätte. Allerdings ist Kettcar spätestens seit "Ich vs. Wir" sowieso eher eine Zuhörband geworden und zugehört haben die gut 2.500 Leutchen auf dem Beach definitiv.

 

Für mich persönlich betrachtet, brauchte man sich aber überhaupt nicht hinter den vorangegangenen Bands verstecken, wirkten die rockigeren Songs doch erstaunlicherweise deutlich lauter und kraftvoller als bei den letzten gesehenen Konzerten in den Clubs, beispielhaft sei hier "Money left to burn" genannt, was gefühlt selten so dermaßen abging wie hier und jetzt am Beach. Überhaupt wusste die Setlist durchaus zu überzeugen - nicht zuletzt, weil man die mir von der letzten Tour noch bekannten Setlist zumindest in der Reihenfolge ordentlich durchgewürfelt hatte und so zum einen alle wichtigen Songs von bereits erwähnten "Ich vs. Wir" als auch alle unbedingt nötigen Klassiker weiterhin im Programm waren. Etwas überraschend als Opener war dabei "Rettung", was aber besser an die Stelle passt, als nach der ersten Überraschung gedacht. "Deiche" stattdessen an den Abschluss des Hauptsets zu setzen, war jedenfalls nicht die schlechteste Entscheidung. Besonders gefreut hat mich, dass "Der Tag wird kommen" auch im Festivalset Bestandteil blieb und von Münster so gefeiert wurde und die Live-Premiere des klasse neuen Stücks "Palo Alto". Die Zugabe begann - auch das passt durch den chilligen Sound ganz gut an die Stelle - mit "Trostbrücke Süd" und viel zu früh hiess es nach dem 8. guten bis sehr guten Set des Abends dann "Landungsbrücken raus" und "ein letztes Mal winken und" nach Haus.

 

Endfazit:

Es dürfte äußerst selten sein, dass in 10 Stunden Festivalprogramm kein echter Ausfall dabei war und man - auch Neonschwarz - alles durchaus geniessen konnte. Das ganze dazu in einer coolen Location (erst recht mit der Sonne später), coolen Leutz und einer sehr freundlichen Security. Das nennt man perfekten Samstag und perfektes Festival.